Eiskalte Leidenschaft

Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird

Ein spannender Kurzkrimi über die Leidenschaft, erzählt aus fünf Perspektiven - zwei Paare scheitern an ihrer Freundschaft.
Eiswürfel wird von Laser verdampft

Nicht jeder Mörder wird überführt

Sie sind beste Freunde, aber sind sie das wirklich? Luisa und Anton, Meredith und Kevin - sie haben alles und doch nicht genug. Wenn die Leidenschaft das Hirn vernebelt, hat es der Verstand schwer. In diesem brodelnden Topf der Gefühle behält nur einer kaltes Blut. Kommissar Haverkamp kennt die Wahrheit, doch er wird sie mit ins Grab nehmen.

Die Geschichte ist im Juni 2023 in der Anthologie "Kaltes Blut rauscht selten" im Paashaas Verlag erschienen.
Buch bei Amazon bestellen

Eiskalte Leidenschaft

Die Aufklärungsquote für Mord liegt bei über neunzig Prozent, was jedoch nicht bedeutet, dass fast jeder Mörder geschnappt wird. Viele Morde bleiben unentdeckt, weil Hausärzte ohne gerichtsmedizinische Ausbildung voreilig den natürlichen Tod ihres Patienten bescheinigen oder überarbeitete Polizisten verdächtige Details übersehen. Mein Name ist Jost Haverkamp, ich bin Kommissar bei der Kripo und habe nur noch ein paar Jährchen bis zur Rente abzureißen. Auch ich konnte nicht jeden meiner Fälle lösen. Das gibt es nur im Fernsehen und damit komme ich klar. Was mich jedoch wirklich fuchst, sind wasserdichte Ermittlungen, bei denen es die Indizien vom Himmel regnet und die trotz lückenloser Beweiskette einen üblen Beigeschmack hinterlassen. „Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird“, sagt ein Sprichwort. Ich schließe die Akte, obwohl ich weiß, dass mir dieser Fall noch viele schlaflose Nächte bereiten wird.

***

„Hallo Schatz!“
Anton warf den Autoschlüssel in die Glasschale an der Garderobe und eilte ihr im Flur entgegen. Er zauberte einen bunten Blumenstrauß mit orangen Gerberas und roten Rosen, die liebevoll mit tiefblauen Muscari arrangiert waren, hinter dem Rücken hervor und sein unwiderstehliches Lächeln auf die Lippen. Er drückte sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. Seit ein paar Wochen übertraf sich Anton täglich mit seinen kleinen Aufmerksamkeiten.
„Und morgen gehen wir in die Kubismus-Ausstellung“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Dass er sich überhaupt noch daran erinnerte! Sie hatte ihm vergangene Woche nur beiläufig beim Frühstück davon erzählt. Sie musste auf der Hut sein, wenn sie sich nicht verraten wollte, denn ihm entging nichts mehr. Eigentlich hatte sie erwartet, dass sie das Museum allein besuchte, denn Anton mochte nur gegenständliche Kunst, weswegen sie ihn skeptisch anschaute.
„Freust du dich nicht?“
„Klar doch! Ich wundere mich nur.“
Anton streichelte ihre Wange. „Das Geschäft, die vielen Überstunden, ich bin froh über jede Minute, die wir zusammen verbringen“, flötete er verliebt.
Auch nach mehr als fünfzehn Jahren konnte er immer noch charmant sein. Sie lächelte ihr schlechtes Gewissen hinweg.
Luisa spürte das Handy in der Brusttasche seines Hemdes brummen. Er blinzelte kurz aufs Display.
„Sorry! Da muss ich rangehen. Es ist wichtig. Das Meeting nächste Woche.“
Sie nickte und er ging raus auf die Terrasse. Draußen lehnte er sich mit dem Rücken gegen einen Pfeiler, schaute in den Himmel und lächelte breit. Die Firma gehörte Luisa nach wie vor allein, doch Anton kümmerte sich um das operative Geschäft. Sie hatte ihn damals als Geschäftsführer eingestellt. Es dauerte nicht lang und sie verliebten sich ineinander.
Anton kam zurück und schloss sie von hinten in die Arme. Er knabberte an ihrem Nacken. Er wusste, welche Knöpfe er bei ihr drücken musste. Sie gingen hoch und liebten sich. Er überraschte sie mit einer neuen Stellung, die er erstaunlich gut beherrschte. Es gefiel ihr und sie revanchierte sich mit einem Spiel, das vorher nie für sie in Betracht gekommen wäre, von dem sie aber annahm, dass es ihn glücklich machen würde. Ihre beste Freundin Meredith stand drauf. Das hatte sie ihr erzählt und dabei genüsslich jedes Detail vor ihr ausgebreitet. Sie wusste, dass sie Luisa damit in Verlegenheit brachte, und hatte ihren Spaß dabei. Meredith hielt sie für verklemmt. Sie selbst war klug und stilbewusst, doch wenn es um Sex ging, schon ein wenig ordinär. Viele Männer waren verrückt nach diesem Spiel, vor allem wohl ihr Kevin. Wie es schien, schlug es auch bei Anton voll ein. Also überwand sich Luisa und gönnte ihrem Mann die Freude. Zufrieden mit sich und seiner Darbietung ging Anton verschwitzt und noch völlig außer Atem zur Toilette. Sein Handy nahm er mit. Seit neuestem ließ er es nirgendwo mehr herumliegen. Dank Meredith und ihren Tipps hatte sie seine Zweifel heute so richtig befeuert.

***

„Reichst du mir bitte mal das Olivenöl?“, fragte sie Luisa, während sie geschäftig die Salatblätter zupfte.
Luisa zog die Schublade neben dem Kühlschrank auf und griff hinein.
„Es ist schön, dass wir mal wieder alle zusammensitzen.“ Meredith mühte sich um eine zwanglose Kommunikation. Schon seit der Schule waren sie und Luisa beste Freundinnen. Sie hatten sich immer alles erzählt, doch nun schwebte ein Geheimnis zwischen ihnen. Luisa räusperte sich.
„Wie oft schlafen Kevin und du miteinander?“, fragte sie schließlich und gab ihr die Flasche mit dem Öl.
„Warum willst du das wissen?“ Meredith wunderte sich, denn über dieses Thema sprach ihre Freundin sonst nicht gern.
„Nun, Anton ist in den letzten Wochen ständig heiß auf mich“, flüsterte Luisa und ihre Wangen röteten sich.
Meredith rieb die Zähne aufeinander. Nervös rupfte sie an den Salatblättern herum, bis sie nicht mehr viel größer als Konfetti waren.
„Er bringt Blumen mit nach Haus, besucht Ausstellungen mit mir und die Finger kann er auch nicht mehr von mir lassen“, prahlte sie stolz. Luisa schob sich dicht an sie heran. Obwohl die beiden Männer draußen auf der Terrasse saßen, fürchtete sie wohl, dass sie belauscht werden konnte. Sie konnte die Erregung in ihrer Stimme kaum verbergen. „Gestern hat er eine neue Stellung mit mir ausprobiert. Es war einfach fabelhaft - so intensiv!“, flüsterte sie und kicherte wie ein kleines Mädchen.
Dann beschrieb sie detailliert, wie sie es getrieben hatten. Meredith ballte die Fäuste. Diese linke Bazille. Es war verdammt noch mal ihre Stellung und sie hatte sie ihm gezeigt. Was hatte sich der Vollpfosten doch ungeschickt angestellt, bis er endlich verstanden hatte, worauf es dabei ankam!
„Macht Kevin auch so was mit dir?“, fragte Luisa und blinzelte neugierig zu den Männern hinüber.
Meredith knallte die Flasche mit dem Olivenöl auf die Ablage, so dass sie umkippte.
„Was ist los?“, fragte Luisa.
„Nichts“, presste sie zwischen den Lippen hervor. „Ich habe gerade an die Arbeit und den Idioten von Chef gedacht“, log Meredith. Aufgewühlt tippte sie eine Nachricht in ihr Handy und schielte dabei rüber zu Kevin. Er durfte auf keinen Fall etwas merken.

***

„Wann?“, fragte er Anton, der gerade die Nackensteaks auf den Grill legte.
„Am Freitag um fünf Uhr.“
„Und wo genau sind wir dann?“
„Wir spielen Squash.“
„Schon wieder? Fällt das nicht irgendwann auf?“, zweifelte Kevin. Er und sein bester Freund Anton halfen sich mit Ausreden aus, wenn sie Freiräume vom Alltag brauchten.
„Ich habe dich beim letzten Mal vernichtend geschlagen und du forderst Revanche“, erklärte Anton ihm.
„Wenn du meinst. Jetzt red' schon! Wer ist es?“ Anton war so ein Heimlichtuer! „Wir wollten die Details doch für uns behalten. Je weniger wir über die Angelegenheiten des Anderen wissen, umso kleiner ist die Gefahr, dass wir uns mal verplappern.“
Anton wirkte heute kurz angebunden. Irgendetwas bedrückte seinen Freund.
„Ist es eine Frau oder ein Mann?“, witzelte Kevin.
„Idiot“, murmelte Anton. Gedankenverloren dreht er das Fleisch auf dem Grill schwindelig.
„Was ist los mit dir?“
„Ich weiß nicht. Ich sitze gerade zwischen zwei Stühlen. Luisa ist auf einmal richtig experimentierfreudig geworden. Sie hat sich total verändert.“
„Pass auf! Vielleicht hat sie ja ein Verhältnis“, lachte Kevin und klopfte seinem Freund auf die Schulter.
Anton verschluckte sich an seinem Wein.
„Mensch! Du weißt ja gar nicht, wie gut du es hast!“, stupste er seinen Freund mit der Schulter an und blinzelte in die Küche rüber, wo Luisa gerade mit Meredith tuschelte. Sein Freund hatte alles: eine reiche Frau und eine Firma, die brummte. Doch das genügte Anton nicht. Er beneidete ihn, denn mit Meredith lief es gar nicht mehr rund. Was, wenn sie fremdging? Nein, das könnte er nicht ertragen. Niemand anderes sollte sie haben und wenn er sie dafür ... Er tadelte sich für den Gedanken, noch bevor er ihn zu Ende gedacht hatte. Plötzlich zog Anton sein Handy aus der Tasche, las vom Display ab, und grinste.
„Gute Nachrichten?“
Luisa und Meredith brachten den Salat und frisches Brot. Sie aßen, tranken, scherzten und feierten ihre Freundschaft. Nach dem Essen stand Anton auf und räumte das Geschirr zusammen.
„Ich helfe dir, dann geht es schneller“, flötete Meredith und folgte ihm in die Küche.
Kevin und Luisa fläzten sich in die Liegestühle beim Pool. Sie stand auf, zog T-Shirt und Rock aus und sprang ins Wasser. Sie sah scharf aus in ihrem Bikini. Er erwartete sie an der Leiter und half ihr in den Bademantel.
„Hattet ihr am Freitag Spaß?“, fragte er sie.
„Es war ein richtiges Gedränge dort.“ Luisa lächelte. „Die Fotos auf der Vernissage haben mir nicht so gefallen, aber das Publikum, das war interessant. Total abgefahren, sage ich dir.“
„Ich dachte, ihr wolltet ins Musical gehen?“
Luisa fröstelte und zog den Kragen ihres Bademantels bis zu den Ohren hoch. „Sicher! Waren wir auch, im Anschluss.“ Er rubbelte ihren Rücken durch das Frottee hindurch, damit ihr wärmer wurde. „Und wie war es bei euch? Hat Anton wieder beim Squash gewonnen?“ ...

Ende der Leseprobe

Teilen Sie diese Seite mit Ihren Freunden
Facebook
Twitter
E-Mail
WhatsApp
 
[nach oben]